UmweltzahnMedizin was ist das eigentlich?
Viele Menschen entwickeln aufgrund von Allergenen, Umweltschadstoffen oder auch Dentalmaterialien chronische Erkrankungen. Die Diagnose des meist diffusen Krankheitsbildes ist für den (Zahn-)Arzt nicht einfach zu erstellen. Mithilfe einer umfassenden Anamnese kann er den Ursachen auf die Spur kommen und durch eine weiterführende Diagnostik verifizieren. Die Internationale Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin (GZM) bietet Ärzten aller Fachrichtungen mit ihrem Netzwerk Umwelt-ZahnMedizin die Möglichkeit, sich interdisziplinär auszutauschen und zu beraten. Aus diesem Grund hat sie ein interdisziplinäres Curriculum Umwelt-ZahnMedizin entwickelt.
Komplexe Krankheitsbilder wie fortdauernde Abwehrschwäche, chronische Erkrankungen nicht nur im Bereich der Zähne und des Kiefers oder Tinnitus können mehrere Ursachen haben. Oft liegen Belastungen durch diverse Schadstoffe vor, deren Wirkungen sich überlagern oder verstärken. Für den (Zahn-)Mediziner stellt dieser Zustand eine echte klinische Herausforderung dar. Ein erster Schritt ist eine umfassende Anamnese, die die Krankheitsquellen sondiert. Gerade Umwelt-ZahnMediziner haben eine Sicht auf den Menschen in seiner Gesamtheit. Diese ist notwendig, um im Patientengespräch mit gezielten Fragen die wesentlichen Ursachen zu eruieren
Die Symptome können ganz unterschiedlicher Natur sein. Zu differenzieren sind zum einen lokale und regionale Störungen wie Zahnfleischbluten und Schleimhautrötungen in der Mundhöhle, zum anderen systemische Gesundheitsstörungen, Immunabwehrschwäche, chronische Schmerzen oder neurologische Störungen. All diese Beschwerden können durch Umweltschadstoffe wie auch durch dentale Werkstoffe hervorgerufen werden.
Metalle
Viele Sensibilisierungsreaktionen werden durch Metalle, und nicht nur durch toxische Schwermetalle wie Quecksilber, verursacht. Lokale wie auch systemische Entzündungen sowie Immundefizite können die Folgen sein. Der (Zahn-)Arzt sollte daher nach allen im oder am Körper befindlichen Metallen fragen. Das spezielle Augenmerk liegt hierbei auf Dentallegierungen, metallhaltigem Schmuck oder Piercings, metallhaltigen Knöpfen oder Schnallen sowie in den Organismus eingebrachten chirurgischen Metallen (Schrauben, Klammern, Stents in der Gefäß- oder Unfallchirurgie). Auch der berufliche oder in der Freizeit praktizierte Umgang mit Metallen ist von besonderem Interesse und sollte erfragt werden.
Reaktionen auf Kunststoffe und Wurzelfüll-Materialien
Die Sensibilisierungsrate auf Kunststoffe wie Methacrylate nimmt in Deutschland zu. Man schätzt, dass inzwischen fünf Prozent der Bevölkerung auf diese Stoffe sensibilisiert sind – zumal für den Mensch nicht abzuschätzende Zwischenprodukte während der Verarbeitung entstehen. (Zahn-)Mediziner sollten daher immer nach Kompositen fragen. Unverträglichkeiten auf Wurzelfüll-Materialien sind ebenfalls möglich. Da hier sehr divers potentiell sensibilisierende Materialien wie Formaldehyd, Epoxyde, Metalle oder Kunstharze eingesetzt werden, sind relativ häufig Sensibilisierungsreaktionen zu beobachten.
Vorbelastungen beachten – auch innerhalb der Familie
Vorbelastungen, zum Beispiel chronische Erkrankungen wie Morbus Crohn, Psoriasis, rheumatoide Arthritis, Immundefekte oder bereits bestehende Allergien, können die Ursache, aber auch Folge der Überempfindlichkeitsreaktionen sein. Diese sollte der (Zahn-)Arzt daher unbedingt abfragen. Selbst wenn der Patient keine eigenen Vorbelastungen nennen kann, gibt es vielleicht bereits welche innerhalb der Familie. Für den Ursachen-Wirkungskomplex können diese Zusammenhänge von Bedeutung sein.
Fragen nach dem Wie, Wann und Wo
Um wichtige Informationen für die weiterführende Diagnose zu erhalten, sollten (Zahn-)Arzt und Patient die Beschwerden über einen längeren Zeitraum beobachten. Das Abklingen oder Verstärken der Symptome können nämlich entscheidende Hinweise über die Schadstoffe und deren räumlichen Verteilung liefern. Bessern sich die Beschwerden zum Beispiel im Urlaub? Hat der Patient seine Ess- und Lebensgewohnheiten in irgendeiner Form verändert? Auch das Wohn- und Arbeitsumfeld ist von besonderem Interesse und sollte mit berücksichtigt werden.
Ganzheitliche Sicht notwendig
Gerade bei Patienten und Patientinnen mit Beschwerden unklarer Ursache werden von (Zahn-)Arzt bzw -Ärztin Spezialwissen und eine Sicht auf den Menschen in seiner Gesamtheit verlangt. Denn nur so kann er oder sie ihn umfassend betreuen und behandeln. Wunsch und Wirklichkeit, hier die medizinische Ausbildung, klaffen jedoch weit auseinander. Die Internationale Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin (GZM) hat daher das Netzwerk Umwelt-ZahnMedizin ins Leben gerufen, in dem sich Ärztinnen und Ärzte jeder Fachdisziplin austauschen und beraten können. In Kooperation mit dem Deutschen Bundesverband der Umweltmediziner hat die GZM das interdisziplinäre Curriculum Umwelt-ZahnMedizin entwickelt. Hier können sich Zahnärzte als Umwelt-ZahnMediziner qualifizieren und das entsprechende fachübergreifende Wissen erlangen.